Patricija Jurkšaitytė, Jan van Eyck, The Arnolfini Marriage Room, 2021 © Patricija Jurkšaitytė
Patricija Jurkšaitytė, Dierick Bouts, Annunciation, 2021 © Patricija Jurkšaitytė
Patricija Jurkšaitytė, Dierick Bouts, Annunctiation © Patricija Jurkšaitytė

Patricija Jurkšaitytė – Shelters // Bleiben

07.10.–05.12.2021 in der Neuen Galerie im Höhmannhaus

Patricija Jurkšaitytė ist eine klassische Malerin, die in der vermeintlich klaren Erkennbarkeit ihrer Bilder verblüffende Irritationen schafft. Charakteristisch hierbei ist ihr Vorgehen, Nichtsichtbares durch Abwesenheit deutlich zu machen. Neben ihrer ausgeprägten künstlerischen Erfindungslust kommt Patricija Jurkšaitytė hierbei eine atemberaubend virtuose Maltechnik zugute, die klassische Vorbilder holländischer und italienischer Landschafts- und Genremalerei seit dem 14. Jahrhundert in den eigenen Malprozess hineinzoomt um sie in neue, eigene Bildgeschichten zu überführen. 

So sehen wir in Giorgiones berühmter ‚Schlummernder Venus‘ nur das leere Bett vor einem weiten Ausblick in die liebliche Landschaft, ganz so, als hätte sie sich gerade erst erhoben, um ihr Lager zu verlassen. In Jan van Eycks ‚Arnolfi-Hochzeit‘ fehlen die porträtierten Personen und hinterlassen den nun leeren Raum ebenso still und geheimnissvoll, wie man in der Darstellung von Leonardos Letztem Abendmahl nur die verlassene, lediglich von einem weißen Tischtusch bedeckte Tafel sieht.

Auch in ihren ‚Landscapes and Interieurs‘, einem seit 2005 entstandenen Bilderzyklus, fehlen Figuren, Objekte und Attribute aus klassischen Gemälden, auf die sie sich bezieht, um hier das Augenmerk auf deren Randzonen und Peripherien zu lenken, und Räume für neue Geschichten zu ermöglichen. Die ‚Dutch Stories‘ (seit 2013) setzen diese Strategie ebenso fort, wie sie in den neuesten, in Augsburg erstmals gezeigten Bildern der Künstlerin zum Tragen kommt: Das Ineinanderblenden von Wohlbekanntem und Fehlstellen, in denen wir vergeblich nach einer Bildpointe suchen, bringt immer wieder neue, erstaunliche Wirkungen hervor. 

Was überall entsteht, sind uns zunächst bekannt vorkommende Ansichten, die sich in malerisch neu erfundene Terrains hinein entfalten. Dazu gehören auch anonym-gesichtslose Hotelkomplexe, wie sie die Malerin in ihrer Serie ‚Last Minute Offer‘ in weite Landschaften hinein verpflanzt: Manchmal wirken sie so vergessen, als seien es noch unentdeckte Bauruinen aus einer längst vergangenen Zeit. 

In einer konzentrierten Auswahl präsentiert die Neue Galerie im Höhmannhaus herausragende Beispiele aus diesen Werkgruppen und stellt sie aktuellen, z.T. erst unmittelbar vor Ausstellungsbeginn fertig gestellten Bildern gegenüber. ‚Shelters // Bleiben‘ ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin in einer deutschen Museumsinstitution.

Patricija Jurkšaitytė wurde 1968 in Vilnius geboren, wo sie Malerei an der dortigen Kunstakademie studierte. Neben Ausstellungen in wichtigen litauischen Institutionen wie dem CAC Contemporary Art Center Vilnius war sie 2018 in einer Einzelausstellung im Sla307 Art Space in New York vertreten. Ihre Werke befinden sich in privaten Sammlungen in Litauen und im Ausland, darunter dem MO Museum und der Lewben Art Foundation Vilnius.

The works of the exhibition “Shelters // Bleiben” have been kindly loaned by the MO Museum, the Lewben Art Foundation Vilnius and by private collectors. The exhibition, organized and curated by Neue Galerie im Höhmannhaus, is part of the programme “Ohne Distanz: Litauische Kultur in Bayern 2021”, organized by the Lithuanian Culture Institute.


Mit freundlicher Unterstützung